Sie werden mich nicht erwischen



Sie werden mich nicht erwischen. 

Ich kenne die Wege in diesem Wald, sollen sie kommen. Längst habe ich mich daran gewöhnt verfolgt zu werden. Andere können sich überall zeigen, aber auf mich haben sie es abgesehen, ich kenne nichts anderes. Immer schon wurde ich vertrieben und an den Rand gedrängt. Sie zweifeln nicht an meinen Fähigkeiten, man nennt mich sogar schlau, aber es tönt wie ein Vorwurf und ist auch einer. 

Trotzdem muss ich unter die Leute, muss mir mein Essen besorgen. Am liebsten würden sie auch das verhindern, aber ich bin schlauer und komme zu meinen Dingen. Doch muss ich weite Wege gehen, länger anstehen, länger warten. 

So wie alle meiner Art. Die Geschichte unserer Ausgrenzung ist alt, seit jeher hat man uns verfolgt, uns Steine in den Weg gelegt. Darum lebe ich jetzt in diesem Wald unter meinesgleichen. 

Meine Bleibe muss man erst mal finden und der Eingang ist eng. Wer grösser ist als ich, und das sind fast alle meine Verfolger, kommt nicht durch die Gänge und Korridore, die in das Innere meiner Behausung führen, und wenn das doch einmal der Fall sein sollte, so bin ich längst auf und davon, denn es gibt viele Eingänge oder Ausgänge. Auch wenn ich meinen Widersachern zufällig im Wald begegne, heisst das noch nicht, dass sie mich überhaupt sehen. Ich kann mich verkriechen und bin auch schnell zu Fuss, sollte man mich doch entdecken. Und wie gesagt, ich kenne mich aus, weiss wo Durchgänge sind, wo es Unterschlupf gibt. 

Aber es bleibt halt doch ein Leben, das von Vorsicht und Abstand geprägt ist, da bleibt selten Zeit, sich unbesorgt zu vergnügen. Ich beschränke mich darauf, nur zu bestimmten Zeiten auszugehen, zu Zeiten, an denen meine Feinde unaufmerksam sind und mit anderem beschäftigt. Ja natürlich, ich bin darauf angewiesen, das Verhalten meiner Feinde und ihre Eigenheiten zu kennen. Dieses Wissen ist für mich überlebenswichtig, ich muss sie besser kennen, als sie sich selber kennen, nur das verschafft mir einen Vorteil, denn ich bin auf mich allein gestellt und sie sind ihrer Viele. 


Frank Liebig , CC BY-SA 3.0 de


Aber ich will mich nicht weiter beklagen, es geht vielen so wie mir und vielen geht es noch schlimmer. Hier in dieser Gegend haben wir es ja noch gut, ich habe gehört, es gibt Gegenden, wo sie uns mit Hunden und Pferden jagen, richtige Hetzjagden werden veranstaltet. Aber es gibt doch immerhin Leute, die das nicht gut finden und verbieten wollen. Dabei haben sie es nicht einmal mehr auf unsere Pelze abgesehen, das war früher so, jetzt geht es nur noch um das Vergnügen der Fuchsjagd und die Lust am Töten.