Mensch sein
Menschenkiesel
Ein Kieselstein sieht ja aus, als sei er eben erst aus der Erde gekrochen und müsse noch wachsen.
Dabei ist er schon lange auf der Welt, wurde geschunden, gestossen, zerbrochen, Jahrmillionen, gnadenlos.
Und jetzt ist er klein, rund und fein geschliffen und liegt angenehm in meiner Hand.
Mit den Menschen läuft es umgekehrt.
Sie kommen fein und rund zur Welt, dann werden auch sie dahin und dorthin gespült, fallen um und rappeln sich auf. Aber sie verlieren das Runde und den Schliff, werden schartig und schrundig wie die Felswand, von der der Kiesel seinen Ausgang nahm.
Mensch bleiben
Früher waren wir oft mit dem Zelt unterwegs, auf den Walserwegen, entlang der Grenze rund um die Schweiz, sogar im Grenzgebiet von Kasachstan und Kirgisien.
Dabei müsste man ja zum Stillstand kommen, wie fernöstliche Weisheiten meinen.
Sich irgendwo hinsetzen und nicht mehr bewegen. Auch nichts mehr sagen. Auch nicht schauen, es sei denn in sich hinein, um sich selber zu erkennen. Ob man da fündig wird? Ist doch ziemlich dunkel da drin. Aber vielleicht ist der Gedanke der, dass es da drin heller wird, je länger man nach innen schaut.
Im Himalaya soll sich vor Jahrhunderten ein Mönch auf einen Felsvorsprung gesetzt und nicht mehr bewegt haben, bis er zur Mumie erstarrt war. Nun gut, was für eine Leistung! Aber was ist damit gewonnen, dass man ein Stein unter Steinen wird?
Muss man sich nicht eher bemühen, nicht zu Stein zu werden?
Mensch zu bleiben?