Pferd + Traktor



Der Traktor hat nichts zu tun und langweilt sich auf dem Hof. Er fährt hinter den Stall und sieht das Pferd auf der Wiese grasen.

 

• Friss nicht so viel Gras, sonst wirst du dick, ruft er.

• Und du, sauf nicht immer so viel Benzin, du verpestest die Luft, antwortet das Pferd.

 Das ist kein Benzin, das ist Diesel, sagt der Traktor. 

 Diesel oder Dasel oder Dusel, stinken tut es trotzdem, sagt das Pferd.

 Du bist die Richtige, sagt der Traktor, überall lässt du deine Rossbollen fallen, eklig!

 Ich bin kein Ross, ich bin ein edles Pferd, sagt das edle Pferd.

 Auch edle Pferde müssen scheissen, sagt der Dieseltraktor.

 Meine Pferdebollen sind gut für das Gras. Und sie stinken nicht wie dein Diesel, sie sind schmackhaft, auch Hunde fressen sie. 

 Und ich sage: Nichts geht über den Geruch von heissen Dieselmotoren, sagt der Traktor! Aber lassen wir das, kommen wir zum Wichtigen: Ich bin stärker als du, ich bin so stark wie 100 Pferde! 



 Ach ja, und kannst du auch über diesen Hag da springen, fragt das edle Pferd mit Namen Annahilde von Brunswig.

 Ich brauche nicht zu springen, ich fahre einfach durch den Hag hindurch, meint der Traktor, der übrigens New Holland heisst.

 Dann gehst du aber kaputt, sagt das Pferd.

 Nicht so sehr wie der Hag, meint der Traktor, ich kriege nur ein paar Kratzer.

 Ja genau, du bist erst fünf Jahre alt und hast schon überall Kratzer und Beulen, sagt das edle Pferd mit Namen Annahilde von Brunswig. Schau mich an, mein Fell glänzt und ist glatt wie ein Kinderpopo.

 Ein Fell wie ein Kinderpopo, das passt zu dir, du Riesenpony, sagt der Traktor, mein Lack ist das berühmte New Holland Blau. Das strahlt in der Sonne!  

 Riesenpony, also bitte sehr, sagt das edle Pferd! Mit deinen dicken Rädern drückst du die Wiese platt und die Pflanzen gehen kaputt. 

 Und du frisst die Pflanzen, sagt der Traktor! Meinst du, das gefällt den Pflanzen? 


Ymér, 2018


 Hören wir auf zu streiten, sagt das Pferd, dir ist doch nur langweilig, weil du nichts zu tun hast. Gehen wir ein bisschen galoppieren.

 Du meinst, ein bisschen Tempo bolzen!

 Wie du meinst, sagt das Pferd.

Sie galoppieren und fahren auf einem Feldweg Richtung Wald. Im Wald verschnaufen sie eine Weile. Sie sehen, dass eine Tanne umgefallen ist und im Bachbett liegt. 

 Die könnten wir rausholen, sagt das Pferd, da hätte der Förster Freude.

 Wie machen wir es?

 Wir nehmen deine Seilwinde, sagt das Pferd. Ich klettere runter und mache das Seil an der Tanne fest und du ziehst sie dann hoch. 

Das Pferd steigt im Zickzack das steile Bord hinunter. In der Mitte stolpert es und rutscht auf dem Hintern bis zur Tanne. Dann macht es das Seil fest und gibt dem Traktor ein Zeichen. Der startet den Motor und die Seilwinde dreht sich und zieht die Tanne hoch. Das Pferd hält sich mit den Zähnen an einem Ast fest, so ist es einfacher hochzuklettern.



Sie zerren die Tanne bis zum Waldrand und lassen sie dort liegen.

 Siehst du, sagt das Pferd, jeder hat seine Stärke, gemeinsam sind wir stark. Ich kann besser den Hang runter klettern und du hast mehr Kraft zum Ziehen.  

 Und vielleicht muss ich ja dich einmal abschleppen, sagt das Pferd…