Kopf oder Bauch?

Ymér und Aniflur sprechen mit Tante Idi wieder einmal über Blumen.

• Tante Idi, ist die Blüte das Gesicht der Blume, fragt Aniflur?

• Ja das wäre schön, wenn man das sagen könnte. All diese schönen Köpfchen und Gesichterchen.

• Und warum sagt man es dann nicht, fragt Ymér?

• Man sagt es ja, die meisten Menschen sagen das, antwortet Tante Idi. 

• Und es gibt eine Blume, die heisst Katzenauge, sagt Aniflur. Hast du uns selber gezeigt.

• Ja, das stimmt, sagt die Tante. Oder den Köpfchenpippau, der trägt viele leuchtendgelbe Köpfchen. 

• Also habe ich recht, sagt Aniflur: Die Blüte ist das Gesicht der Blume.

 Köpfchenpippau                                                          Katzenauge (Ehrenpreis)    /  ArtMechanic, CC BY-SA 3.0

• Ich weiss nicht, sagt Tante Idi, denn eigentlich ist die Blüte ein Bauch.

• Ein Bauch, sagt Ymér?

• Ja, du weisst doch, wo die Babys sind, bevor sie auf die Welt kommen. 

• Ja, im Bauch der Mami, sagt Aniflur.

• Ja, siehst du, sagt die Tante, und die Blumenbabys sind in der Blüte, im Fruchtknoten.

• Und wie gelangen sie dort hinein, fragt Ymér?

• Ja wie soll ich es sagen, ohne rot zu werden, meint Tante Idi, die Blüte ist auch ein Unterleib.

• Unterleib, fragt Aniflur?

• Ja, du weisst schon, da unter dem Bauch: der Unterleib.

• Du meinst das Schnäbi und das Weggli, fragt Aniflur?

• Also, was für Wörter du hast! Aber du hast recht, sagt die Tante.

• Die sind da in der Blüte? Also sozusagen im Kopf? Das glaube ich nicht, sagt Ymér.

• Kommt mit in den Garten, ich zeige es euch.

Sie gehen zum Tulpenbeet. Die Tulpen sind aufgeblüht. Einige sind sogar schon verblüht.

• Siehst du, schau die Blüte an. Das da, das Braune, das sind die Staubblätter, sagt die Tante.

• Die sehen wie Stängel aus, meint Ymér. 

• Ja genau, Staubblätter sind dünne schmale Blätter, aber es sind Blätter.

Tulpe: Staubblätter, Stempel, Pollen

• Und sie sind staubig, fragt Ymér?

• Ja, sie tragen den Blütenstaub (Pollen). Schau hier, hier sieht man es besser. Gelber Blütenstaub. Den mögen die Insekten. Die Biene zum Beispiel, sie sammelt ihn.

Und dann geht die Biene zur nächsten Blume und so kommt der Blütenstaub von einer Blume zur andern. 

Staubkörner kommen durch die Narbe am Stempel in den Fruchtknoten. Dort liegen die Samen. Daraus wird dann die Frucht, zum Beispiel ein Apfel. Die Frucht reift da drin, in der Fruchtkapsel oder in diesem Blumenbauch.

Oder bei der Tulpe reifen die Samen für eine neue Blume.

Siehst du und darum habe ich gesagt, die Blüte ist eher ein Bauch und ein Unterleib mit Schnäbi und Weggli, wie du sagst..

• Und was ist nun das Schnäbi und was das Weggli?

Apfelblüte: Bestäubung

• Ja also, die Staubblätter sind das Schnäbi, der Stempel und die Narbe das Weggli.

• Und alles in der gleichen Blüte, fragt Aniflur?

• Ja, genau, Schnäbi und Weggli. Weiblich und männlich.

Und wenn Blütenstaub (Pollen) von den Staubblättern auf die Narbe kommt, beginnt eine Frucht zu wachsen. Die Blütenblätter fallen weg und es bleibt nur der Bauch und im Bauch reifen die Babys heran, die Samen für die neuen Tulpen. 

Tulpe: Samenkapsel. Aus den Samen werden neue Tulpe.       Apfelblüte: die Blütenblätter fallen, es wächst ein Apfel.