Insektenhotel




Ymér und Aniflur besuchen das internationale Insektenhotel. Dort sind immer interessante Leute.

Am Eingang treffen sie einen Bockkäfer.  

 Ymér sagt: Guten Tag lieber Herr Käfer, wo kommen Sie her?

 Ich komme aus Madagaskar. 

 Ist das weit weg, fragt Anifur? 

• Ja, ich bin mit dem Schiff gekommen. Mit einer Ladung Kaffeebohnen. Ich arbeite auf einer Kaffeeplantage.


  Tante Idi


 Und wie gefällt es Ihnen hier?

 Es ist saukalt, sagt der Bockkäfer. Zu Hause laufe ich barfuss. Aber jetzt muss ich Schuhe kaufen oder Stiefel. Drei Paare auf einmal, was

das kostet! Eine Mütze habe ich noch nicht gefunden. Die Fühler sind

zu gross. 

 Sie müssen eine Jamaica-Mütze kaufen, sagt Ymér, wie sie die Rastaleute für ihre Rastalocken haben, die sind schön gross. 

 Danke für den Tipp, sagt der Bockkäfer.

• Warum haben Sie denn so grosse Fühler, wenn man fragen darf?

 Ich fühle halt viel, sagt der Bockkäfer. Ich bin ein gefühlvoller Typ.

 • Sie meinen, Sie haben viele Gefühle, wie Mitleid, Angst und so, fragen die Kinder.

 Nein ich meine, ich befühle und betaste alles mit meinen Fühlern, aber das mache ich gefühlvoll.

 • Sie meinen, wie mit Fingern, fragen Ymér und Aniflur.

 Ja genau, aber ich kann mit meinen Fingern auch riechen. Könnt ihr mit euren Fingern riechen?

 Nein, sagt Ymér, zum Riechen haben wir die Nase. 

 Bei mir, sagt der Bockkäfer, sind meine Finger die Nase und die Nase die Finger. Es gibt auch Insekten, die mit den Beinen riechen. 

 Mit den Beinen?! Dann gehen die mit der Nase?

• Ja, so kann man es sagen.

 Und was fühlen und riechen Sie denn jetzt, Herr Bockkäfer, fragt Aniflur.

 Dass ihr zwei ganz schön viele Fragen stellt, sagt der Bockkäfer.

Entschuldigung, dann lassen wir Sie wieder in Frieden, auf Wiedersehen.


Tante idi


Sie gehen ins Hotel. In der Lobby sitzen viele Gäste auf Sofas und bequemen Polstersesseln. 

Am Fenster sitzt eine elegante Blatthornkäferdame.

Sie winkt ihnen und sie gehen zu ihr hin.

 Seid ihr das Taxi, das ich bestellt habe?

 Nein Madame, wir können noch nicht Auto fahren.

 Sie haben ein elegantes Kleid, sagt Aniflur.

• Danke schön, das ist St. Galler Strickerei.

 Auch der Hut ist elegant, sagt Ymér.

 Oh nein, das ist kein Hut, das sind meine Fühler und mein Spezialwerkzeug. Ich arbeite nämlich in einer Scherlerei. Früher habe ich als Walkerin gearbeitet und Wolle gezupft und gewalkt.

 Was macht man in einer Scherlerei, fragen Ymér und Aniflur.

• Also, das ist so. Wir bekommen schöne bestickte Stoffe und ich muss dann auf der Rückseite die Fäden abschneiden. Das mache ich mit diesen Fühlern, die wie Messer sind.



 Tragen Sie die immer, fragt Ymér?

 Ja natürlich, sagt die elegante Dame.

 Und wenn Sie jemand die Hand geben wollen, wie geht das?

 Dafür haben wir Insekten ja sechs Füsse. wir geben einander die Füsse, sagt die Dame.

 Sie geben die Hand mit den Füssen, sagt Ymér, ist das nicht schwierig?  

• Nein, kein Problem, sagt die elegante Dame, meistens geben wir einander die Hand mit den hinteren Füssen. 

 Und wenn Sie vorher in einen Kuhfladen getreten sind, sagt Aniflur, was machen Sie dann?

 Du vorlaute Göre, sagt die Blatthornkäferin, erstens bin ich eine Dame und eine Dame tritt in keinen Kuhfladen und zweitens irgendein Fuss ist immer sauber. 

 

Aniflur und Ymér sehen sich um und sehen einen Mistkäfer am Kaminfeuer sitzen. Er hat alle sechs Beine über dem dicken Bauch verschränkt.


Tante Idi


 Haben Sie kalt, fragen sie ihn?

• Ja, seit ich in die Schweiz gekommen bin. Hier ist es immer so kalt.

• Woher kommen Sie?

• Aus Südamerika, Bolivien, um genau zu sein. 

Ich bin hier im Hotel abgestiegen. Normalerweise leiste ich mir ja einen Dunghaufen. Aber die sind teuer in der Schweiz. Und es gibt nur wenige in der Schweiz, alles ist ja viel zu sauber hier.

 Was ist denn ein Dunghaufen?

• Ein Misthaufen, ein Scheisshaufen, Kake mit Stroh.



• Und da wohnen Sie? Igittigitt!

• Was habt ihr gegen Misthaufen? Man wohnt da sehr gemütlich.

Die Betten sind weich und die Zimmer schön warm. Es riecht immer gut und es gibt jede Menge zu essen. Das macht stark und schön.

Schaut mich an!

 Was gibt es denn zu essen, fragt Aniflur.

 Ja eben, Mist, Kuhfladen, Rossbollen, Geissendreck, mit Schimmelpilz oder ohne, als Kompost, vergoren, vergammelt, in allen Variationen.

 

Aniflur und Ymér wechseln lieber das Thema und fragen:

 Wer ist denn das mit dieser Kugel?

• Das ist meine Schweizer Cousine, sie ist mit den Kindern spazieren gegangen.

• Wo sind denn die Kinder?

 In der Kugel. Das ist ein mobiles Kinderzimmer. Die Kinder sind da drin, schön warm zugedeckt mit Mist. Ich musste die Kugel mit Lehm bestreichen, sonst hätten sie mich an der Grenze nicht durch den

Zoll gelassen.


Tante Idi


Ymér und Aniflur gehen an die Rezeption.

• Ich bin Frau Schildwanze, was kann ich für euch tun.

 Was, Sie sind eine Wanze?

 Ja, aber keine Angst, ich trinke nur Pflanzensaft, nicht wie die Wanzen in euren Betten, die euer Blut saugen und am Morgen müsst ihr euch überall kratzen.

• Bitte sehr, Frau Wanze, wir haben keine Wanzen in den Betten!

 Ja hier im Hotel dürfen die blutsaugenden Wanzen auch nicht arbeiten. Wäre schlecht fürs Geschäft, die Leute würden abreisen. Die Wanzen, die Blut saugen, haben eben keine Kultur und kein Benehmen.

Obwohl ich es auch einmal probiert habe, das Blut meine ich. Einmal und nie wieder, mir wurde schlecht. Ich habe nämlich eine Hämoglobinintoleranz.

 Was ist eine Hämoglobinintoleranz?

 Das heisst, ich vertrage kein rotes Blut. Wir Insekten haben ja weisses Blut. Pflanzensaft hingegen vertrage ich gut. Er ist leicht verdaulich, macht eine schöne Haut und stärkt das Immunsystem. 

• Sind das ihre Kinder?

 Ja, unsere Jungen heissen, wenn sie klein sind, Nymphen. Sie sind erst vor ein paar Tagen aus ihren Eiern gekrochen. Am Blatt können sie ein bisschen saugen.


Tante Idi


 Entschuldigt mich schnell, sagt die Wanze plötzlich. Da kommt ein Vogel. Der denkt wohl, er bekommt hier ein billiges Insektenfrühstück. Dem werde ich es zeigen.

Ich habe einen Spray auf dem Rücken, den mögen die Vögel gar nicht. Wenn ich den versprühe, dann stinkt es.

 Au ja, sagen Ymér und Aniflur, Sie haben recht, besser wir gehen jetzt und kommen ein anderes Mal wieder.