Wortklauberei I



Sich gehen lassen

 

Würde ich ja gerne machen, nur weiss ich nicht wohin. Aber das gehört wohl zum Sich-Gehen-Lassen, dass man nicht weiss, wohin das führt, wenn man sich gehen lässt.

Man könnte sich zur Probe auch einfach einmal laufen lassen, aber das tönt wieder nach Blasenschwäche, wobei man ja aus der Kindheit weiss, dass das auch angenehme Gefühle auslösen kann, erst wenn es abkühlt, wird es unangenehm.

Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, dass man Angst hat, sich gehen zu lassen. Es gibt ja auch das Gegenteil. Leute, die sich zu sehr gehen lassen: Lass dich nicht so gehen, wie sieht das denn aus, heisst es dann, reiss dich ein bisschen zusammen. Wobei mir noch immer niemand hat sagen können, wie das denn gehen soll, das Sich-zusammen-Reissen. Allein geht das ja nicht, so viel ist klar, man muss das zusammen machen. Und dann warum reissen? Dort, wo man sich gehen lassen kann, muss also eine Art Reissleine sein, auf die eine (sich gehen lassen) oder andere Art (sich zusammenreissen).


Sophie


essen und vergessen

 

Gestern erzählte eine Freundin von ihrem Hund. Unser Hund, sagte sie, ist sowas von verfressen, wenn du dem seinen Frass hinstellst, ist er in Nullkommanichts verschlungen. Da kenne ich auch andere und es sind keine Hunde, sagte meine Frau.

Das hat mich verwirrt. 

Es stimmt ja, ich esse viel zu schnell, aber nicht das hat mich verwirrt, sondern die Regeln der Wortbildung: Dann wäre einer, der schnell und viel isst, vergessen. Fressen, verfressen. Essen, vergessen. Das g dazwischen ist einfach ein Bildungskonsonant.

Verfressen, vergessen: Da muss doch was dahinter stecken. Das kommt doch nicht von ungefähr. Oder etwa doch? Was haben die beiden Wörter miteinander zu tun?

Wenn man sich beim Essen vergisst, dann frisst man – ist es das? 

Dieses ver- ist diffamierend, bringt alles in Schieflage, verurteilt und denunziert.