Wüste



Ha.Sch                     


Ich fuhr einmal durch die Wüste von Buchara nach Chiva. Die Wüste dort ist keine Wüste, wie man sich gemeinhin eine Wüste vorstellt, Sandmassen, die vom Wind hin und her geschoben werden, sondern verkarstete Erde mit feingemahlenen Kieselsteinen und Steppensträuchern, die sich in der Erde verkrallen. Am Anfang waren noch die Überreste von Baumwollfeldern zu sehen. Dann verschwanden auch die Felder und wir sassen in unserem – im Vergleich zu den Ausmassen der monotonen Landschaft – winzigen Fahrzeug, und starrten auf die immer gleichen verblassten Farben, grau und braun und gelb, ein ununterbrochener Fluss von dunkleren und helleren Flächen oder Schatten unter einem Himmel, der tief über unseren Köpfen hing. Wir fielen immer mehr in einen Dämmerzustand, taub gemacht vom Fahrtwind, vom Rumoren des Motors, vom Schweigen der Ebene. Nirgends gab es einen Anhaltspunkt, eine Geländemarkierung, auf die man hätte zuhalten können. Man musste verloren sein, wenn man das graue und dann wieder schwarze Asphaltband verliess, auf dem wir alle, die überladenen Lastwagen und Autos, uns bewegten wie auf einem Förderband, einem Fluss oder Kanal, an dessen Ufern allerlei Treibholz lag, zerrissene Reifen, ausgebrannte Lastwagen. Ich habe mich damals gefragt, wie man sich auf so einer strukturlosen, formlosen mit keinerlei landschaftlichen Merkmalen versehenen Ebene ohne Strasse überhaupt orientieren und fortbewegen konnte, zum Beispiel die Reiterheere Dschingis Khans oder die von Timur, ohne sich unter der sengenden Sonne hoffnungslos im Kreise zu drehen und Halluzinationen zu erliegen. Später, als ich das Gebiet in einer alten Topolev überflog, kam es mir grau vor, fast schwarz, dort wo wegen der ziehenden Wolken Schatten lagen. Eine graue Ebene, die von keinen Hügelzügen durchzogen war, ohne Städte und Dörfer, einfach leer, an deren Ränder zwar immer wieder Versuche unternommen worden waren, dieser Einöde, diesem Totenland etwas abzugewinnen, aber nach Jahr und Tag waren diese Anstrengungen wieder zunichte gemacht, von der unerbittlichen Sonne.