essen + fressen
Eigentlich ist es einfach: Essen tun die Menschen und fressen die Tiere. Soweit die Theorie.
Aber wir wissen alle, es gibt auch Menschen, die fressen, das heisst unkultiviert essen, also mit allen Fingern anstatt mit der Gabel oder unmässig, also 10 Berliner nacheinander anstatt ein Reisbiskuit. Man nennt diese Menschen auch verfressen. Ein anderes Wort für einen solchen Menschen oder eine solche Menschin ist Vielfrass; eigentlich ein Schimpfwort. Meint man allerdings mit Vielfrass das gleichnamige Tier, so ist es nur natürlich, dass es frisst, allerdings ist es ein Tier, das wahllos frisst. Das Gleiche auf der menschlichen Seite nennt man gern auch Fresssack, nicht zu verwechseln mit dem Fress- oder Futtersack, den man zu meiner Zeit den Pferden vorband, wenn sie beim Holzschleifen oder Heuernten warten mussten.
Sind nun alle Tiere gefrässig, nur weil sie fressen statt essen? Oder anders gefragt: Sind Tiere, die vorsichtig und anständig Futter aufnehmen, keine Fresser sondern Esser? Darüber könnte man nachdenken.
Foto Ymér, 2020
Bekommt man allerdings einen Frass vorgesetzt, wie es heute immer häufiger geschieht, dann bleibt auch dem kultiviertesten Menschen und dem kultiviertesten Tier nichts anderes übrig, als den Frass zu fressen, denn einen Frass kann man nicht essen, den muss man fressen, das leuchtet ein.
Es gibt auch das Wort Fresse. Man benutzt es, wenn man aufgebracht ist, zum Beispiel, weil einem schon wieder so ein ungeniessbarer Frass vorgesetzt wird. Man sagt dann etwas ungehobelt zu dem, der den Frass bringt: Ich gebe dir gleich eins in die Fresse!