Die Welt zu Füssen



Markus Fischer*. Saxer Lucke, Rheintal.                    


Als Franz-Xaver auf dem Gipfel ankam, lag ihm die Welt zu Füssen.

Nun gut, vielleicht nicht die ganze Welt, aber ein schönes Stück der Ostschweiz und von Baden-Württemberg.

Genug, um ein Fürstentum zu errichten, das das Fürstentum Lichtenstein in den Schatten stellte. 

Sogar die Appenzeller und Rheintaler lagen ihm zu Füssen, und das wollte etwas heissen, aufmüpfig wie sie waren. Sie taten auch gut daran, denn jetzt, wo er auf dem Gipfel stand, konnte er sie mit Leichtigkeit unter einem Steinhagel begraben.

Und auch die St. Galler würden sich schnell wieder daran gewöhnen, Untertanen zu sein, vor allem die Katholischen, die hatten lange genug unter einem Herrscher gelebt, der Fürst und Abt in einem war.

Die Thurgauer hingegen hatten nie unter einem Fürsten gedient, das war ein Makel, aber unter einer Gemeinen Herrschaft, und die war wie eine Fürstenherrschaft, nur eben gemeiner, primitiver.

Von den Schwaben war nichts zu befürchten, die lagen fast immer jemandem zu Füssen, den Herzögen von Schwaben und anderen.


Markus Fischer. Stadt St.Gallen


Aber jetzt war Franz-Xaver am Zug.  

Er stand auf seinen Bergstock gestützt auf seinem Gipfel und überschaute seine Ländereien. 

Was war als Erstes zu tun? 

Welchen Glauben sollte er seine Untertanen glauben lassen?

Hmm, nicht leicht zu entscheiden; auf jeden Fall musste es ein Gott sein, der war streng und barbarisch und barmherzig nur, wenn es nicht anders ging.

Damit das funktionierte, würde er die obligatorische Schule wieder abschaffen, wenigstens für die unteren Schichten, die Schule führte nirgendwohin, die Leute kamen nur auf eigene Gedanken. Sie sollten Militärdienst leisten, da lernten sie genug und mussten nicht selber denken. Schulen für die Kinder der Eliten, Militär für die andern, so würde er es machen.

Das Internet gehörte natürlich überwacht, oder besser gleich abgeschafft, war eh alles nur Teufelswerk und gegen die Obrigkeit gerichtet. 


Markus Fischer. St. Gallen, Klosterbezirk


Und dann, das Wichtigste, er würde den Leuten wieder beibringen, wo es im Arbeitsleben lang ging, und was sie zu arbeiten hatten. 

Die Toggenburger sollten Fleisch produzieren für die oberen Zehntausend, die Schwaben Korn für das tägliche Brot. Die Appenzeller Käse, am besten mit Kräutern, die Thurgauer Obst, um daraus Möhl zu machen. Die St. Galler sollten sticken und weben, wie sie es immer taten, viel mehr konnte man von ihnen nicht verlangen. Hingegen aus dem Rheintal, aus dem Rheintal würde er ein Silikonvalley machen für eine effiziente Überwachungstechnologie.

Wie gesagt, das Volk würde sich schnell daran gewöhnen, so lange war es nicht her, da war es noch ganz normal, dass es nichts zu sagen hatte.


Markus Fischer. Vom Selun: Walensee, Seeztal, Rheintal


Als Franz-Xaver der Gipfelstürmer vom Gipfel stieg, war er noch immer in seinen Gedanken verfangen. Er passte zu wenig auf und stürzte über eine Felswand zu Tode.

Noch einmal Glück gehabt, ihr Appenzeller, Ostschweizer, Schwaben!


Markus Fischer. Wildhauser Gulmen.


* Die Fotos verdanke ich Markus Fischer: Gitarrist, Töffbauer, Bergsteiger, Unternehmensberater, Fotograf usw.