Bärbel



Ha.Sch.                     


Die selige Jungfrau Maria, dachte Bärbel und schaute sich das Fresko an, wer von den Frauen wollte nicht sein wie sie! Und hier war sie hinter Gittern!

Aber auch sie hatte es nicht leicht gehabt. Hatte ihren Sohn am Kreuz verloren. Unvorstellbar, dachte Bärbel, wie hat sie das ausgehalten? 

Dabei hatte alles so gut begonnen.

Sie wurde ohne Sünde geboren. Hat auch ohne Sünde empfangen.

Und durfte den Sohn Gottes gebären, man muss sich das einmal vorstellen, dachte Bärbel, wäre mir das passiert, ich glaube ich wäre ohnmächtig geworden.

Aber es war auch eine Belastung.

In der Kindheit ging es noch gut, dann aber legte ihr Sohn sich mit allen an, wusste alles besser, schaffte sich Feinde. Da nützte es ihr dann nichts, dass sie selber makellos und ohne Erbsünde war. Und dann das mit dem Kreuz!

Wie musste sie sich gefreut haben, dachte Bärbel, als sie mit der Botschaft kamen, dass ihr Sohn auferstanden sei! Und dann ist sie ja selber in den Himmel aufgefahren, so wie sie war, ohne vorher zu sterben. Während wir andern alle sterben müssen.

Aber das mit dem Sterben hat halt auch wieder mit uns Frauen zu tun, dachte Bärbel, immerhin hat Eva die Sünde und damit den Tod in die Welt gebracht, damit müssen wir nun leben. Und beten, dass wir trotz allem das ewige Leben erlangen.

Allerdings schien es Bärbel, dass Evas Vergehen nicht gar so gross war. Und musste die Strafe denn gleich auch für alle Nachkommen und in alle Ewigkeit gelten?

Aber wer war sie, Bärbel, schon; es stand ihr nicht zu, sich darüber Gedanken zu machen. Und überhaupt: Gottes Gedanken waren unergründlich.