Alt werden
1
Im Park
Auf den Parkbänken sitzen
müde Gestalten,
vom Leben krumm gemacht
und geniessen das Leben.
Na ja, geniessen
ist vielleicht zu viel gesagt.
Die meiste Zeit schauen sie,
wie die Zeit vergeht,
aber die vergeht nicht,
die meiste Zeit steht sie nur still.
Sie zu vertreiben oder gar tot zu schlagen,
wie es die Jungen tun,
dazu fehlt ihnen die Kraft.
Und so hocken sie einfach da
und warten.
Und ich, ich schau ihnen dabei zu.
2
Im Spiegel
Stiess zufällig auf ein Foto von mir,
da war ich zwanzig, etwas mehr,
mit Schnauz und langen Haaren.
Da war noch vieles möglich.
Bin aber nicht in den Himmel gewachsen,
ist wahrscheinlich besser so.
Wenn ich in den Spiegel schaue,
ist da nicht viel geblieben,
was mich mit dem Foto verbindet.
Das Leben ist eng geworden,
ohne lange Haare.
Viele Möglichkeiten
gibt es nicht mehr,
der Schnauz ist abgehauen.
3
Endlos
Mein Gott, wie wir leben,
und was richtig ist und was falsch,
und der ganze Wirrwarr
und die Streitereien.
Als lebe man endlos.
Hape
4
Unschön
Eine Menge Leute,
an denen man vorbeigeht,
im Laufe des Tages.
Wenig schöne Leute darunter.
Früher störte mich das nicht,
aber jetzt,
wo ich auch kein Anblick mehr bin,
fällt mir das auf.
5
Schlechte Laune
Ich gehe durch die Stadt,
und die meisten Leute,
denen ich begegne, sind alt.
Wie ich.
Ich frage mich, wo die Jungen bleiben,
bis mir in den Sinn kommt,
dass die am Arbeiten sind.
Wenn ich mir die Gesichter der Leute anschaue,
vergeht mir die Lust,
mit jemandem zu sprechen.
Scheint fast so,
als dächten die Leute auch so.
6
Missgelaunt
Seit einiger Zeit geht mir auf den Keks,
was ich zu hören bekomme
auf der Strasse, in den Läden.
Immer dieselben Sprüche
und Floskeln.
Alle reden aufeinander ein,
schrill, nervös und abgehackt.
Die Wörter überstürzen sich,
eins zerquetscht das andere.
Es bleibt kaum Zeit zu atmen.
Und alle wiederholen alles,
damit man es auch versteht,
obwohl es nichts zu verstehen gibt,
alles ist eh schon klar.
Ich frage mich, ob es an mir liegt,
ob ich einfach nicht mehr zuhören kann.